Portrait Peter Kreiner, Rechtsanwalt und Notar

Drei vor – zwei zurück

 

Peter Kreiner ist Krebs. Ein typischer, sagt er. Immer drei vor und zwei zurück. Er sitzt in seiner Kanzlei (er ist Rechtsanwalt und Notar) in der Kleppingstraße, ist coole 65 Jahre alt und wirkt mit seiner locker sitzenden Krawatte und der augenzwinkernden Selbstironie einigermaßen jugendlich. „Klar“, sagt er und lehnt sich entspannt im Sessel zurück, „muss ja. Meine Partnerin ist schließlich zwanzig Jahre jünger als ich ...“ 

 

Es gibt Kaffee und Kekse am Konferenztisch, und das Ambiente ist ebenfalls typisch Krebs. Zu Hause ist eben am schönsten – auch wenn es gerade das Büro in der Kleppingstraße und nicht das Haus in Lücklemberg ist. Antiquitäten und die chromblitzende Espressomaschine, ein altes Stehpult oder die stylische Stehlampe. Hier hat jemand Geschmack und zeigt das auch.

 

Das U zum Greifen nah

 

Auch sein letztes großes Bauprojekt, das ehemalige Gewerkschaftshaus an der Lange Straße, hat er geschmackvoll und hochwertig saniert. Drei Jahre und eine Menge Geld hat das ehrgeizige Vorhaben gekostet, das Peter Kreiner vor einigen Wochen beim Eigentümer-Forum des Unionviertels vorstellte. Alles vermietet, alles gut. Das Penthouse auf dem Dach ist 160 Quadratmeter groß und zum Greifen nah am U mit seinen fliegenden Bildern.

 

Peter Kreiner wächst in Dortmund auf, macht am Leibniz-Gymnasium („Leibniz nicht wie der Keks – ohne t!“) 1970 sein Abitur. Sein Vater kommt aus Bayern, der „ist ziemlich kernig gewesen“, sagt er. „Ich hab Freunde gehabt, die haben mich nicht besucht, weil sie kein Wort von ihm verstanden haben.“ Der Vater, Statiker und Architekt, kommt nach dem Krieg ins Ruhrgebiet; hier gibt es Arbeit und hier lebt die Frau, in die er sich verliebt, als sie im Bayerischen mit ein paar Freundinnen  Urlaub macht.

 

Es gibt regen Verkehr zwischen den beiden Familienzweigen in Nord und Süd. „In den besten Zeiten hatte ich ein Segelboot am Chiemsee liegen“, sagt Kreiner. „Da sind schon so manche Kilometer gefahren worden.“ Die jüngere Schwester von Peter Kreiner ist vor drei Jahren nach Ruhpolding gezogen. „Sie mag die Gegend da unten. Und hier in Dortmund das Haus mit dem Garten – das war alles viel zu groß. Da bist du hinten fertig und kannst vorne gleich wieder anfangen, das ist nichts mehr im Alter.“

 

Das war richtig Stress

 

Nach dem Abi wird er ausgemustert: der Rücken. Dem Himmel sei Dank, findet er, denn der Bund, das wäre nichts für ihn gewesen. Er geht nach Münster, studiert Jura und macht sein Referendariat in Niedersachsen. Eine „grausame Station“ ist damals für ihn das Oberlandesgericht in Oldenburg. Kreiner breitet die Arme aus: „Die kamen da alle mit sooo einem Stapel Literatur zur Konferenz. Und wir sollten ständig Fragen beantworten. Das war ehrlich richtig Stress.“

 

Die Einladung, als Richter oder Staatsanwalt in den Justizdienst zu gehen, schlägt Kreiner aus. Zurück in Dortmund vertritt er lange Jahre nur Banken und Leasinggesellschaften. Das heißt schlicht pragmatisch sein: „Da hab ich mich immer bedeckt gehalten, da durfte nichts rausgehen.“ Heute ist er nur noch als Notar tätig. Der jüngste Sohn Alexander verwaltet von der Kanzlei aus die Immobilien. Kreiner selbst als „graue Eminenz“ befasst sich mit den Themen Erb- und Immobilienrecht, Eheverträge, Scheidungen …, dem ganzen prallen Leben eben.

 

Sohn Friedrich ist allerdings aus der Art geschlagen. Er kocht, und das macht er richtig gut. Er habe im Sterne-Haus Résidence in Essen-Kettwig und im Steigenberger Dortmund gelernt, sagt der stolze Vater. Heute verwöhnt er die Gäste im „Emil“ tief unten im Keller des Dortmunder U. Die Mutter und Ex-Frau lebt in Frankreich mit ihrem neuen Mann. Kein Problem, man sieht sich auf Familienfesten und ist irgendwie befreundet, auch wenn Kreiner nichts zu Besuchen nach Frankreich zieht: „Das ist“,  sagt er, „einfach nicht mein Land.“

 

Gute Gründe

 

Studium und Referendariat dauern damals zehn Jahre, was zwei gute Gründe hat. Peter Kreiner ist auch noch in Bochum eingeschrieben, in Medizin, das frisst Zeit und Energie, bis er einsieht, „dass wir alle eigentlich immer mehr Kaufleute gewesen sind.“ Und er arbeitet hart neben dem Studium, nicht nur in den Semesterferien. „Ich weiß nicht“, sinniert die selbst ernannte graue Eminenz, „wie viele Hausbars ich gebaut habe. Holzverkleidung, Tresen, der ganze Kram. Ich hab ganze Villen fertig gemacht, sogar Fliesen in Schwimmbädern gelegt.“ Seine Leidenschaft für Immobilien mag aus dieser Zeit rühren; jedenfalls hat er so einige davon, auch in Ruhpolding. Die Sache mit dem Gewerkschaftshaus im Unionviertel hat übrigens eine ganz besondere Bewandtnis: „In der Ecke hab ich als Student mal die Post ausgetragen, und das Haus hat mich schon immer interessiert.“

 

Reisen und Freizeit

 

Frankophil ist er nicht, dafür gibt es andere Länder, die er mag. Zu Beginn des Gesprächs sagt er zwar, dass er nicht sonderlich reiselustig ist, doch dann stellt sich heraus, dass er die halbe Welt gesehen hat. Allerdings favorisiert er nur eine Art zu reisen: Kreuzfahrten, am liebsten mit Atlantiküberquerung. Auf den Schiffen, schwärmt er, „stimmt einfach der Service. Und man kann in relativ kurzer Zeit eine Menge sehen.“ Außerdem hat man – wichtig für einen bekennenden Krebs – immer sozusagen sein eigenes Haus dabei. So wie im Wohnmobil. Da gibt es einen Traum, der noch auf seine Realisierung wartet: „Einmal“, sagt er begeistert, „von Kanada aus die USA bis in die Südstaaten runter. Das wär’s noch mal.“

 

Wintersport  in Ruhpolding

 

Bis vor drei Jahren war er aktiv im Hallenfußball, dann, als er merkte, „dass meine Reaktionszeit sich verlangsamt“, hat er die Brocken hingeworfen. Auch sein Snowboard hat er zeitgleich in die Ecke gestellt. Nach wie vor hält er sich jedoch mit Skifahren fit; Ruhpolding mitten in den Alpen im Winter ist ein Muss, auch für seine beiden Söhne. 140 Kilometer Langlaufloipen gibt es dort. Weltweit gehört die Gegend in den Chiemgauer Alpen zu den beliebtesten Wintersportregionen, wo regelmäßig auch Biathlon-Weltmeisterschaften ausgetragen werden, und wenn Peter Kreiner ohne Helm, aber mit Bommelmütze auf die Piste geht, tankt er neue Kraft.

 

Ehrenamt

 

Auch für die Arbeit bei der Stiftung Pflege, in deren Dienst er sich ehrenamtlich gestellt hat.

„Die Frau Professor Bienstein von der Uni Witten / Herdecke“, sagt er mit einem kleinen Augenzwinkern, „die hat mich solange bearbeitet, bis ich ja gesagt habe.“ Kreiner war 2004 Mitbegründer der Stiftung, deren Ziele unter anderem auch Ursela Monn als Botschafterin oder Norbert Blüm als Kurator mit tragen. Momentan, sagt Kreiner, sei nicht so sehr viel zu tun, aber das könne sich auch schnell wieder ändern. „Das Hauptthema älterer Menschen ist nicht der Tod, sondern die Frage, was passiert, wenn man seinen eigenen Namen nicht mehr nennen kann.“ Da braucht es Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen, Beratungsgespräche – dann braucht es jemanden wie ihn. Ganz branchenkonform lautet denn auch sein Lieblingsspruch: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

 

Zur Entspannung kochte er auch gerne mal, obwohl,  na ja. Es ist halt so eine Sache mit so einem Sohn, der aus der Art geschlagen ist. „Wenn der Friedrich zu Besuch ist und in die Küche kommt“, gesteht Kreiner  mit einem theatralischen Seufzer, „dann kann das stressig werden. In die Richtung von der Maggiflasche auch nur zu gucken, ist für so einen Profi nämlich eine Todsünde.“

Aber egal.

Her mit der Pulle!

Wir sind schließlich alle kleine Sünderlein …

 

 

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